Die Europäische Union ist eines der erfolgreichsten Friedens- und Wohlstandsprojekte der Geschichte. Das soll der Europatag am 9. Mai unterstreichen. Auch die Österreichische Apothekerkammer bekennt sich klar zu einem vereinten Europa und vertritt die Interessen ihrer mehr als 6.800 Mitglieder nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch in Brüssel und Straßburg. Das Ziel: Stärkung und Absicherung der hohen österreichischen Standards im Apothekenwesen.
Mit Mag. pharm. Raimund Podroschko stellen die österreichischen Apotheker:innen den Vizepräsidentender Vereinigung der Apotheker:innen in der Europäischen Union (Pharmaceutical Group of the European Union, PGEU). Dadurch ist sichergestellt, dass die Anliegen der österreichischen Apotheker:innen auch auf europäischer Ebene Gehör finden. Die PGEU vertritt in Brüssel die Apothekerkammern- und verbände 33 europäischer Länder, darunter EU-Mitgliedstaaten sowie Beitrittskandidaten und EFTA-Länder. Knapp 400.000 Apotheker:innen gehören der PGEU an. Durch die gegenseitige Anerkennung der Apothekerausbildung innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz ist es Apotheker:innen in den meisten Fällen auch möglich, in anderen europäischen Ländern zu arbeiten. Insgesamt beschäftigt der Apothekensektor der Europäischen Union etwa eine halbe Million Menschen.
In Österreich sind die Apotheken die erste Anlaufstelle im Gesundheitsbereich für die Bevölkerung. Damit dies auch in Zukunft so bleibt und die hohen Standards bei Beratung und Arzneimittelsicherheit erhalten bleiben, bedarf es eines soliden politischen Fundaments nicht nur in Österreich, sondern auch in der Europäischen Union. Besonders wichtig ist der Apothekerkammer dabei, dass der Subsidiaritätsgrundsatz nicht durch Binnenmarktaspekte abgeschwächt wird. Gesundheitspolitik, die Verwaltung des Gesundheitssystems und der medizinischen Versorgung liegen in der Verantwortung der Mitgliedstaaten, und müssen das auch bleiben. Denn nicht in allen EU-Staaten erfüllen die Apotheken so hohe Standards wie in Österreich und Abstriche bei Qualität und Arzneimittelsicherheit sind für die österreichischen Apotheken nicht akzeptabel.
Ein Beispiel für diese hohen österreichischen Standards ist der Apothekenvorbehalt. Diese Regelung besagt, dass Arzneimittel in Österreich nur von Apotheken abgegeben werden dürfen. Damit wird sichergestellt, dass mit der Arzneimittelabgabe zugleich eine fundierte und vertrauensvolle pharmazeutische Beratung erfolgt und Rückfragen der Kund:innen umfassend und kompetent beantwortet werden. Dadurch können Fehler bei der Dosierung und Einnahme sowie Neben- und Wechselwirkungen vermieden werden. Erst 2021 hat der Verfassungsgerichtshof den Apothekenvorbehalt bestätigt und damit auch die tragende Rolle der Apotheken in der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung anerkannt.
Ebenso gilt es wirtschaftsliberalen Tendenzen auf europäischer Ebene entgegenzutreten, die beabsichtigen, bestehende Regelungen der Freien Berufe – auch der Gesundheitsberufe – abzubauen und der Selbstregulierung durch Markt und Wettbewerb zu überlassen. Hier wird verkannt, dass das Berufsrecht, die Freiberuflichkeit und Unabhängigkeit der Gesundheitsberufe den hohen Patientenschutz und die kontinuierliche Arzneimitteltherapiesicherheit gewährleisten. Denn der Apothekerberuf bringt besondere Verantwortung mit sich. Medikamente sind keine gewöhnlichen Waren. Die sichere Gesundheitsversorgung der Bürger:innen darf nicht geschwächt werden.
Ein wichtiges Anliegen ist der Apothekerkammer auch die Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln auf europäischer Ebene. Denn Liefer- und Versorgungsengpässe werden immer öfter zu einem europäischen und auch österreichischen Problem. Eine der Ursachen ist unter anderem die Verlagerung der Herstellung von Arzneimitteln und Ausgangsstoffen in Drittländer – eine negative Folge der Globalisierung. Schon jetzt verbringen die österreichischen Apotheker:innen viel Zeit damit, sichere Alternativen zu nicht verfügbaren Medikamenten für ihre Kund:innen zu beschaffen. Darum kommt der politischen Etablierung von Rahmenbedingungen, die die Arzneimittel- und Wirkstoffproduktion innerhalb Europas stärken, eine große Bedeutung zu.